Unsere Kreativ-Geschichte im Juni
Über die Zukunft der Mobilität
Alles eine Frage der Kreativität: Elektroautos früher und heute
Wer nach einem Bild des ersten Elektrofahrzeugs sucht, findet nicht etwa die Aufnahme eines modernen, batteriebetriebenen Fahrzeugs eines us-amerikanischen Herstellers – sondern einen alten, schwarzweißen Kupferstich: Darauf ist ein zylindertragender Mann von hinten zu sehen, der auf einer offenen, dreirädrigen Konstruktion sitzt; hinter seinem Sitz befindet sich ein klobiger Kasten, offensichtlich der Antrieb des Fahrzeugs. Bei dem abenteuerlichen Gefährt handelt es sich um das sogenannte Tricycle Trouvé aus dem Jahr 1881, der Erfinder ist der Franzose Gustave Trouvé. „Das Gesamtgewicht des Fahrzeugs, Batterien, Motor und Fahrer, betrug 160 kg und die effektive Leistung 70 Newtonmeter pro Sekunde”, schrieb ein Zeitgenosse, „trotzdem hat sich das Dreirad aus eigener Kraft in Bewegung gesetzt, sobald der Stromkreis geschlossen wurde und befuhr wiederholt die Rue de Valois in beiden Richtungen mit der Geschwindigkeit eines guten Pferdefuhrwerks.”
Das Tricycle Trouvé und die Folgemodelle anderer Tüftler erfuhren eine große Beliebtheit: Etwa in den Vereinigten Staaten fuhren im Schnitt von zehn herumfahrenden Automobilen vier mit Elektrizität, vier mit Dampf und zwei mit Benzin. Im ganzen Land verteilte Ladestationen erhöhten die Strecken, die ein Reisender mit dem batteriebetrieben Gefährt zurücklegen konnte.
Es half jedoch alles nichts: Die Reichweite eines Benziners blieb noch immer höher und das Benzin wurde immer billiger. Zudem verfügten die benzinbetriebenen Autos seit 1910 über einen elektrischen Anlasser. Vorher ließen sie sich nur mit einer vorne angebrachten Kurbel starten, sodass das Auto nach dem Ankurbeln unter Umständen einen Satz nach vorne machte und dem Fahrer Knochenbrüche oder gar den Tod bescherte. In den 1920er Jahren war die Ära der Elektrofahrzeuge damit erst einmal beendet.
Fast hundert Jahre später entdeckten Ingenieure das Elektroauto wieder; der Grund für das steigende Interesse ist diesmal das wachsende Umweltbewusstsein der Gesellschaft. Der Traum der Ingenieure: ein Fahrzeug, das den Verkehr revolutioniert und so zu einer gesünderen Umwelt beiträgt – und das ohne Nachteile in Sachen Komfort für den Fahrer. Um diesen Traum wahr werden zu lassen, war und ist ohne Frage eine immense Kreativitätsleistung erforderlich.
Für den ersten Schritt in Richtung neue Mobilität mussten Ingenieure zunächst den Blick über das eigentliche Forschungsfeld hinaus richten. Denn die Technologie, um die Akkus der Elektroautos so leistungsfähig zu machen, wie sie heute sind, stammt ursprünglich aus dem Bereich der Telekommunikation. Vor allem dank der wachsenden Nachfrage an Handys und Notebooks entwickelte man die Akkus dafür innerhalb kurzer Zeit stark weiter – und schaffte so auch die Grundlage für die akkubetriebenen Motore der Elektroautos. Mit Erfolg: Als oben genannter Automobilhersteller 2006 seinen ersten Sportwagen vorstellte, verfügte dieser über eine Reichweite von etwa 350 Kilometern. Das aktuellste Modell des Herstellers schafft 610 Kilometer ohne Aufladen.
Und doch benötigen die Ingenieure eine Menge Durchhaltevermögen und die Fähigkeit, immer weiter zu tüfteln. Denn um die benötigten Akkus herzustellen und den Strom zu erzeugen, mit dem die Autos fahren, sind aktuell noch große Energie- und Rohstoff-Ressourcen erforderlich – nicht gerade gesund für die Umwelt.
Doch nicht nur Automobilindustrie arbeitet an einer Lösung. Auch Wissenschaftler und Forscher, finanziell unterstützt von der Bundesregierung, suchen nach neuen Ansätzen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie setzt sich unter anderem für einen Umweltbonus ein und dafür, dass es mehr Ladesäulen in Deutschland gibt. Und so nähern wir uns, in vielen kleinen Schritten von vielen kreativen Menschen, langsam dem perfekten Fahrzeug für die Zukunft.