Unsere Kreativ-Geschichte im November
Klein, aber großartig
Über die faszinierende Welt des Modellbaus
Spielzeug-Flieger baumeln von der Zimmerdecke, kleine Hände lassen Spielzeug-Autos und Eisenbahnen fahren und bauen Häuser für Lego-Männchen – genau genommen sind wir schon von Kindesbeinen an von Miniaturen umgeben, die alle Bereiche des Lebens im Kleinformat abbilden. Dennoch sind Modelle nicht allein Kindern vorenthalten. Im Gegenteil: Für den Modellbau begeistern sich Menschen allen Alters; manche von ihnen bauen sogar beruflich Modelle.
Anders als bei einem Hobby-Bastler gibt es dann keinen Bausatz. Stattdessen braucht es eine Menge Fantasie und Einfallsreichtum, um sich das Modell vorstellen zu können und dann den ausgesuchten Gegenstand nachzubilden. Auch einige Wissensgrundlagen sind unerlässlich: Zunächst entsteht das Modell nämlich meist am Computer, wofür der Modellbauer 2-D- oder 3-D-Zeichenprogramme beherrschen sollte. Steht der Entwurf, geht es darum, diesen plastisch umzusetzen. Entsprechend muss der Modellbauer die Eigenschaften bestimmter Materialien kennen, wissen, welches Material sich für welchen Modell-Bestandteil eignet und wie er am besten damit arbeitet. Oft gibt es zudem einen finanziellen Rahmen. Der Modellbauer muss also auch noch darauf achten, möglichst preiswerte und leicht bearbeitbare Materialien einzusetzen.
Das sich beim Tüfteln oft auch das Querdenken lohnt, zeigen die Modelle des Spielzeugherstellers Märklin. Zwar waren die Puppenküchen, Schiffe, Karusselle und Eisenbahnen, die der Gründer Theodor Friedrich Wilhelm Märklin fertigte, bereits hübsch anzusehen und sehr beliebt – für seine Söhne und Nachfolger aber kein Grund, sich auf diesem Erfolg auszuruhen. Stattdessen ließen sie sich vom Uhrmacherhandwerk inspirieren und präsentierten 1891 die erste mit einem Uhrwerk betriebene Modelleisenbahn.
Aus einem anderen Fachbereich als dem Modellbau stammen übrigens auch die ersten kommerziellen ferngesteuerten Modellhubschrauber. Erfunden hat diese Dieter Schlüter, ein deutscher Ingenieur. Zunächst bastelte er in seiner Freizeit an ferngesteuerten Modellhubschraubern, ehe er sein Hobby zum Beruf machte. Ende der 60er-Jahre entwickelte er ein Baukastenmodell, das eine Strecke von über 11 Kilometern zurücklegte – damals ein Weltrekord. Doch damit gab er sich nicht zufrieden, sondern tüftelte ständig weiter.
Mittlerweile sind seine Modellhubschrauber in der Industrie gefragt: Ausgestattet mit einer Kamera, machen sie Bild- und Videoaufnahmen von oben, etwa um Forst- und Viehbestände, Umweltveränderungen oder Brände zu dokumentieren. Darüber hinaus haben manche von ihnen ein sogenanntes Toximeter an Bord, das Proben von Gasen und Dämpfen aus der Luft aufnimmt, auswertet und aufzeichnet, etwa dort, wo es für Menschen zu gefährlich ist.
Auch in der Filmindustrie kam man irgendwann auf die Idee, Modelle zu nutzen. Ein bekanntes Beispiel ist Wes Andersons Film „Grand Budapest Hotel“, bei dem für die meisten Außenaufnahmen Miniatur-Modellen zum Einsatz kamen. Auf diese Weise ließ sich die aufwendige Architektur des Hotels realisieren, genau wie die Pflastersteine vor dem Hotel, eine Mini-Seilbahn, ein Observatorium oder ein Winterwald. Der Modellbauer Simon Weisse, der damals die Miniaturen baute, arbeitete dafür mit Silikon, Holz, Metall, Styropor und Gips. Wie bei vielen kreativen Aufgaben brauchte es auch für diese viel Geduld und Gespür – und die Fähigkeit, um die Ecke zu denken: Etwa der Schnee für den Mini-Winterwald bestand aus Puderzucker.
Nicht umsonst kann nicht jeder Modellbauer werden. Denn der Beruf verlangt viel Durchhaltevermögen, Geduld, höchste Präzision – und manchmal eine außergewöhnliche Idee. Ein gutes Beispiel für eine solche Idee ist René Hoffmeister: Er hat dafür einen Beruf erfunden, den es hierzulande so noch nicht gab, und ist mittlerweile Deutschlands einziger offizieller Lego-Modellbauer. Um sein Hobby zum Beruf zu machen, schmiss er das Informatik-Studium und baut mittlerweile alles, was seine Kunden sich wünschen: vom sieben Meter langen Modell der Queen Mary II über die Freiheitsstatue bis hin zur Orgel, die die Star-Wars-Melodie spielt.
Übrigens: Auch unsere Werbeagentur hat bereits ein wenig Erfahrung im Modellbau. Damals ging es um eine Broschüre, die zu einem festen Zeitpunkt gedruckt sein sollte. Die von uns designte Auto-Waschanlage, die wir mit der Broschüre bewerben sollten, war aber noch nicht einmal gebaut. Für uns kein Grund aufzugeben – sondern eher ein Grund, unsere Köpfe noch mehr anzustrengen, um eine kreative Lösung zu finden. Wie diese schließlich aussah? Das verraten wir in diesem Beitrag.